Noch einmal

Noch einmal für das Jahr 2023 zieht es uns nach Veli Iž. Dieses Mal sind es Lukas und ich, die mit dem Wohnmobil in der Woche vor Weihnachten die 14stündige Fahrt nach Kroatien antreten. Autobahnen, Tunnel, Mautgebühren – alles ist schon Routine und eine zufriedene Freude stellt sich bei uns ein, als wir nach dem letzten Tunnel des Velebitgebirges die Serpentinen zur dalmatinischen Küste hinunterfahren. Es wird uns geradezu warm ums Herz, nicht nur, weil die Außentemperatur von 5 Grad Celsius vor dem Tunnel auf 15 Grad nach dem Tunnel ansteigt, und uns die Nachmittagssonne freundlich über dem adriatischen Meer begrüßt, nicht nur, weil die warme, würzige Mittelmeerluft ihren Weg durch das geöffnete Fenster zu uns findet, sondern, weil wir wieder einmal das Gefühl haben, hier an- und heimzukommen. Die Autofähre SIS wartet schon auf uns, und wie könnte es auch anders sein: ein Teil der mitfahrenden Passagiere kennen wir, weil sie in Veli Iž wohnen. Man lächelt sich zu, wechselt ein paar Worte (auf Englisch), man kennt sich, schätzt sich und freut sich, „hallo“ sagen zu können.

Noch mehr als im Oktober steigt die Spannung, als wir durch das Tor der Marina fahren und das Wohnmobil neben unserer Colette abstellen. Ob alles noch in Ordnung ist? Oder haben wieder Diebe unser Schiff aufgebrochen, Dinge zerstört oder lieb gewordene Gegenstände entwendet? Im Cockpit ist alles so, wie wir es im Oktober verlassen haben. Das Schiebeschott ist verschlossen, hier hat niemand gerüttelt oder versucht, es aufzubrechen. Wir schließen auf und Colette begrüßt uns mit dem ihr eigenen Geruch nach fast 40 Jahren Abenteuer, Seeluft und Diesel. Und auch im Bootsinneren ist alles so, wie wir es verlassen haben. Nichts hat sich verändert, alles ist in bester Ordnung.

Wir setzen uns in die bequemen Lederpolster im Salon und genießen. Unsere Blicke, und hier und da auch unsere Hände, streichen zärtlich über ihr rotbraunes Mahagoni und unsere Gedanken wandern und verlieren sich in den unzähligen Erlebnissen und Abenteuern der letzten drei Jahre. Alles wäre gut, wenn jetzt noch Lucky dabei wäre…

Für die kommenden Tage haben wir uns eigentlich nur eine wichtige Aufgabe mitgebracht: alle Fäkalien- und Abwasserschläuche auf der Colette zu tauschen. Mittlerweile sind sie über sieben Jahre alt und für ihre Duftdichtigkeit kann nicht mehr überall garantiert werden. Drei Tage verkriechen wir uns in der Tiefe der Bilge, krümmen und verrenken uns, um die alten Schläuche auszubauen und die neuen einzuziehen. Selbstverständlich putzen wir auch alle Pumpen, Ventile und Absperrhähne, das ist ja eh eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Lukas geht wie gewohnt die Arbeit gut von der Hand, nur beim Anbringen der alten Schellen am neuen Schlauch kommt er an seine Grenzen. Sie wollen partout nicht passen. Sind die Schellen geschrumpft? Oder der Durchmesser des neuen Schlauchs größer geworden? Nachmessen bringt Klarheit: die neuen Schläuche mit der exakt gleichen Beschreibung wie vor sieben Jahren haben mittlerweile einen etwas stärkeren Außendurchmesser. Also werden wir beim nächsten Mal nacharbeiten müssen…

Einen Tag brauchen wir noch für die Reparatur des Schiebeschotts. Die Messingschiene lässt sich nicht mehr festschrauben, da durch das gewaltsame Aufreißen die Schraubenlöcher im Holz mit herausgebrochen worden sind. Der starke Epoxykleber hilft. Und als letzte Arbeit für dieses Jahr installieren wir im Cockpit noch einen Bewegungsmelder, der, wenn er ausgelöst wird, den Heckstrahler aufleuchten lässt.

Viel mehr wollen wir bei diesem Dezember-Kurzbesuch gar nicht machen. So bleibt uns auch noch etwas Zeit, das weihnächtliche Veli Iž zu genießen. Auch ohne Lucky schlendern wir durch die Olivenhaine, sind an einem Abend bei Ute und ihrer Freundin Judith zum Essen eingeladen, trinken in der wärmenden Mittagsonne in der Bar More einen PT, und bewundern nachts den zweigipfligen Zypressen-Weihnachtsbaum vor dem Kulturzentrum. Wir sitzen Gedanken versonnen neben dem blau, grün und rot blinkenden Baum und resümieren die letzten drei Jahre: drei Jahre voller Natur, Erlebnissen, Begegnungen, Freundschaften, Abenteuern, Überraschungen, Problemen, Lösungen, Vertrauen, Freude, keiner Langeweile – und viel Zeit…

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Thomas

    Das klingt sehr schön und weckt die Sehnsucht

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