Jedes Schiff, das auf Langfahrt geht, tut gut daran, sich mit sinnvollem und zuverlässigem Werkzeug auszustatten – vorausgesetzt, die Crew weiß auch damit umzugehen. Und selbstverständlich sollten auch Ersatzteile an Bord sein, vor allem für all die Dinge, die auf Grund hoher Beanspruchung schnell verschleißen oder für die Wartung unerlässlich sind. Motorenöl, Kühlflüssigkeit, Impeller, Keilriemen, Leinen, Ersatzfall, Schäkel, Schmierfett, verschiedene Kabel, Schläuche, Schlauchschellen, Ölfilter, Dieselfilter, Wasserfilter und vieles mehr.

Unsere Colette ist so eine fahrende Werkstatt. In einem Fach, schnell griffbereit im Salon, ist das wichtigste Alltagswerkzeug verstaut: Flachzange, Beißzange, Spitzzange, Wasserpumpenzange, verschiedene Rohrzangen, Gripzangen,– unglaublich, wie viele Zangen es gibt – Seitenschneider, Hammer, Schraubendreher in allen Größen, Schraubenschlüssel, ebenfalls in allen Größen, kleiner und großer Rätschenkasten, Handsägen, Brecheisen, Schraubzwingen, Drehmomentschlüssel usw.

Im Motorraum stehen Motorenöl, Getriebeöl, Schmierfett und Kühlflüssigkeit bereit, im Fach daneben liegen Impeller, Keilriemen, Ölfilter und Dieselfilter und natürlich das dazu notwendige Werkzeug. Für unseren alten Motor hatten wir früher sogar Anlasser, Lichtmaschine, Wasserpumpe, Einspritzdüsen und Dieselpumpe als Ersatz dabei. Bei dem neuen Motor sollte das erst einmal nicht nötig sein. Hoffen wir´s.

Unter der Hundekoje haben wir ein großes Fach für alles, was für das Rigg gebraucht werden könnte. Kleine und große Schäkel ebenso wie Mastrutscher, Stagreiter, diverse Wantenspanner, Splinte und sogar Ersatzdrähte für Wanten, Stagen und den Relingzaun.

Ein Stahlschiff braucht etwas gegen Rost. Schleifpapier, Rostumwandler, Primer, Grundierung, Farbe. Das alles hat ohne Pinsel keinen Sinn. Also haben wir auch jede Menge Pinsel, kleine Walzen, Verdünner, Gefäße, Klebeband usw. an Bord. Und in der „Malerabteilung“ sind auch alle Kleber und Fugenpasten (kein Silikon!) untergebracht.

Alle Holzteile am Schiff brauchen allerdings wieder anderes Schleifpapier, Öle, Lacke und speziellen, salzwasserfesten Holzleim. Nebenbei, wir haben natürlich auch Ersatzholz wie Leisten, kleine Balken, Platten und Rundholz dabei. Dafür entsprechendes Werkzeug, wie Stecheisen, Hobel, Raspel, Feile, Bohrer. Im Cockpit können wir zwischen zwei Winschen ein dickes Brett spannen, an das wir dann unseren Schraubstock montieren können. Und fertig ist die Werkbank!

Ein modernes Schiff ist voller Elektrik und Elektronik. Hier geht nichts ohne Spezialwerkzeug. Wieder Zangen. Crimpzange und Abisolierzange, dann spezielle Schraubendreher, Kabelverbinder, Kabelschuhe, Aderendhülsen, natürlich ein multifunktionales Messgerät für Ampère, Volt, Widerstand… Ach, und was wäre das Ganze ohne ein hochwertiges, feines Lötkolbenset.

So, und jetzt kommen die größeren Dinge: Der Akkuschrauber bzw. Akkubohrer ist ein wichtiges Universalwerkzeug. Dazu braucht man selbstverständlich die passenden Schraubeinsätze, Bits für Schlitz-, Kreuz- und Torxschrauben (Ersatzschrauben haben wir natürlich auch), Bohrer von klein bis groß für Holz, Stahl und Edelstahl, Versenker, Lochbohrer, Bohröl. Ein Gewindeschneideset darf nicht fehlen. Heißluftfön und Heißkleber sind wichtige Hilfsmittel, die elektrische Stichsäge sowieso.

Es geht noch größer: Bandschleifmaschine und Rotationsschleifmaschine kommen nicht ganz so häufig zum Einsatz wie unser Multitool, mit dem man schleifen und auch sägen kann und das in fast jeden Winkel kommt. Für Grobes haben wir außerdem eine Akkuflex und, was für ein Luxus, eine Akkukreissäge. Und, nicht genug, wenn es sein muss, dann können wir sogar schweißen! Wobei hier das Wort „wir“ maßlos übertrieben ist. Ich kann das Schweißgerät an Ort und Stelle tragen und das Stromkabel einstecken. Ich kann auch die Schutzbrille aufsetzen und ein wichtiges, wissendes Gesicht machen. Aber Schweißen kann ich nicht. Spätestens hier ist dann Lukas gefordert. Um ehrlich zu sein, nicht nur beim Schweißen. Auch beim Löten, all den Reparaturen im elektrischen und elektronischen Bereich, bei feinen Holzarbeiten, und vielem mehr. Gut, wenn man einen zukünftigen Bootsbauer in der Crew hat, der schon lange vor seiner eigentlichen Lehrzeit bei einem genialen „Alleskönner“ mitarbeiten durfte. Lieber Peter, Dein Wissen und Deine Beratung, Deine Arbeit am Schiff und Deine Geduld mit uns haben gefruchtet. Unsere Colette wäre nicht da, wo sie heute ist und Lukas hätte seine Begeisterung für den Bootsbau und sein handwerkliches Geschick nicht in dem Maße entwickeln können. Danke dafür!

All das viele, gute, sinnvolle Werkzeug, all die Ersatzteile und all das Wissen dazu helfen nicht (wenigstens mir nicht), wenn man nichts oder nicht viel sehen kann. Spätestens in fortgeschrittenem Alter braucht man dazu eine Brille (ich zu meinem Leidwesen immer öfter) und, mindestens genauso wichtig ist: gutes Licht!

Dafür sorgt bei uns an Bord „das Charles“. Es vergeht auf der Colette kein Tag, an dem „das Charles“ nicht zum Einsatz kommt. „Das Charles“ ist eine Akku-LED-Stablampe mit zwei Helligkeitsstufen: hell und verdammt hell. Außerdem ist der Leuchtarm nach vorne und hinten knickbar und der Griff ist mit einem starken Magneten versehen. Ideal für ein Stahlschiff. „Das Charles“ leuchtet in jeden dunklen und noch so düsteren Winkel des Schiffes. „Das Charles“ hilft, um im Fach unter der Sitzbank die richtige Konservendose zu finden oder in der Kühlbox nach dem kalten Bier zu greifen. Die dunklen Ecken im Motorraum werden durch „das Charles“ ebenso hell wie die unergründlichen Tiefen der Backskiste oder des Ankerkastens. „Das Charles“ zeigt die Körnung für das Bohrloch oder den Strich für den Sägeschnitt und hinterher leider auch schonungslos, wo man sich verbohrt oder daneben gesägt hat. „Das Charles“ ist überall dabei, wo es an Bord etwas zu werkeln gibt. „Das Charles“ ist stets im Einsatz und sorgt für genügend Licht. Der Akku hält stundenlang und wird über Nacht wieder aufgeladen. „Das Charles“ ist für uns schlicht genial.

„Das Charles“ kam schon mit dem Kauf der Colette 2016 zu uns an Bord. Unauffällig, eher so nebenbei. Als uns unser langjähriger Freund Charles das erste Mal auf unserer Colette besuchte, hatte er zur würdigen Begrüßung unseres Schiffes eine Flasche guten Port dabei. Charles und der Portwein hatten unsere Aufmerksamkeit, die zusammengeklappte, unscheinbare Akku-Stablampe, die Charles ebenfalls mitgebracht hatte, weniger. Sie lag unbeachtet auf dem Tisch, später im Regal.

Lieber Charles, der Portwein war ausgezeichnet, aber irgendwann leer und damit auch schnell vergessen. Ganz anderes die Akku-Stablampe. Schon wenige Wochen nach dem Kauf unseres Schiffes begannen wir mit den ersten Renovierungsarbeiten und bald wurde der Ruf nach mehr Licht laut. „Wo ist denn die Lampe, die uns Charles geschenkt hat“ oder „gibst Du mir mal die Lampe, die wir von Charles bekommen haben“ oder „ich brauche die Lampe von Charles“, waren Sätze, die zu Beginn oft fielen, aber für wortkarge und fleißig arbeitende Schwaben oder Badener viel zu lang waren. Die Sätze wurden entsprechend kürzer und zum Schluss blieb schlicht: „das Charles“.

Und oft, wenn ich „das Charles“ in der Hand halte, denke ich für einen kurzen Augenblick an Dich, lieber Charles, der Du uns vor vielen Jahren auf Charteryachten das Segeln beigebracht hast und jetzt unsere Segelreise in Gedanken begleitest. „Das Charles“ hält unsere Verbundenheit aufrecht, auch über zigtausend Meilen.

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